Wie kann „LOSTPED“ helfen?
Von der Verpackung und Materialhandhabung bis hin zur Halbleiterfertigung und Automobilmontage sind in nahezu allen Herstellungsprozessen lineare Bewegungen in irgendeiner Form erforderlich. Da sich die Hersteller mit der Flexibilität und Einfachheit modularer linearer Bewegungssysteme vertraut machen, finden diese Systeme – ob ein-, zwei- oder komplette dreiachsige kartesische Robotersysteme – ihren Weg in die Produktionsbereiche.
Ein häufiger Fehler von Ingenieuren und Konstrukteuren bei der Dimensionierung und Auswahl von Linearsystemen besteht darin, kritische Anwendungsanforderungen im Endsystem zu übersehen. Dies kann im schlimmsten Fall zu kostspieligen Neukonstruktionen und Nacharbeiten führen, aber auch oft zu einem überdimensionierten System, das teurer und weniger effektiv ist als gewünscht. Bei so vielen möglichen Lösungen kann man bei der Konstruktion eines Linearsystems leicht überfordert sein. Wie viel Last muss das System bewältigen? Wie schnell muss es sich bewegen? Welches Design ist am kosteneffizientesten?
All diese und weitere Fragen wurden berücksichtigt, als die Gruppe Linear Motion and Assembly Technologies von Bosch Rexroth „LOSTPED“ entwickelte, ein einfaches Akronym, das dem Ingenieur oder Designer dabei hilft, die Informationen zu sammeln, die zum Spezifizieren der geeigneten Linearbewegungskomponenten oder -module in einer bestimmten Anwendung erforderlich sind.
WAS IST LOSPED?
LOSTPED steht für Last, Ausrichtung, Geschwindigkeit, Verfahrweg, Präzision, Umgebung und Einschaltdauer. Jeder Buchstabe des LOSTPED-Akronyms steht für einen Faktor, der bei der Dimensionierung und Auswahl eines Linearsystems berücksichtigt werden muss. Beispielsweise stellt die Last beim Beschleunigen und Abbremsen andere Anforderungen an das Lagersystem als bei konstanter Geschwindigkeit. Da immer mehr Linearlösungen von Einzelkomponenten zu kompletten Linearmodulen oder kartesischen Systemen übergehen, werden die Wechselwirkungen zwischen Systemkomponenten – z. B. Linearführungen und Kugelumlaufspindeln, Riemen- oder Linearmotorantrieben – komplexer und die Entwicklung des richtigen Systems anspruchsvoller. Das LOSTPED-Akronym kann Konstrukteuren helfen, Fehler zu vermeiden, indem es sie daran erinnert, bei der Systementwicklung und -spezifikation alle miteinander verbundenen Faktoren zu berücksichtigen.
SO VERWENDEN SIE LOSTPED
Nachfolgend finden Sie Beschreibungen der einzelnen LOSTPED-Faktoren sowie wichtige Fragen, die Sie sich stellen sollten, wenn Sie die Kriterien für die Dimensionierung und Auswahl eines Linearbewegungssystems bestimmen.
LADEN
Last bezeichnet das auf das System ausgeübte Gewicht oder die Kraft. Alle Linearbewegungssysteme sind einer bestimmten Belastung ausgesetzt, beispielsweise Abwärtskräften bei der Materialhandhabung oder Schubkräften beim Bohren, Pressen oder Schrauben. Andere Anwendungen unterliegen einer konstanten Belastung, beispielsweise bei der Handhabung von Halbleiterwafern, bei der ein FOUP (Front-Opening Unified Pod) zum Absetzen und Aufnehmen von Station zu Station transportiert wird. Ein dritter Typ ist durch variierende Belastungen gekennzeichnet, beispielsweise bei medizinischen Dosieranwendungen, bei denen Reagenzien nacheinander in eine Reihe von Pipetten gegeben werden, wodurch die Belastung mit jedem Schritt abnimmt.
Bei der Betrachtung der Last lohnt es sich auch, zu prüfen, welche Art von Werkzeug sich am Ende des Arms befindet, um die Last aufzunehmen oder zu tragen. Obwohl Fehler hier nicht direkt mit der Last zusammenhängen, können sie kostspielig sein. Beispielsweise kann ein hochempfindliches Werkstück bei einer Pick-and-Place-Anwendung beschädigt werden, wenn der falsche Greifertyp verwendet wird.
WICHTIGE FRAGEN:
- Woher kommt die Last und wie ist sie ausgerichtet?
- Gibt es besondere Hinweise zur Handhabung?
- Wie viel Gewicht bzw. Kraft muss bewältigt werden?
- Handelt es sich bei der Kraft um eine Abwärtskraft, eine Abhebekraft oder eine Seitenkraft?
ORIENTIERUNG
Die Ausrichtung bzw. relative Position oder Richtung der Krafteinwirkung ist ebenfalls wichtig, wird aber oft übersehen. Einige Linearmodule oder -antriebe können aufgrund ihrer Linearführung höhere Belastungen nach unten/oben als seitlich bewältigen. Andere Module mit anderen Linearführungen können die gleichen Belastungen in alle Richtungen bewältigen.
Das Rexroth Kompaktmodul CKK beispielsweise nutzt ein doppeltes Kugelschienenführungssystem zur Führung und wird häufig in Anwendungen mit seitlichen oder axialen Lasten eingesetzt. Da die meisten Anbieter hochwertiger Linearantriebe Module und Aktuatoren für unterschiedliche Anwendungen herstellen, ist es wichtig sicherzustellen, dass die angegebenen Module die Lastanforderungen in der für die Anwendung erforderlichen Ausrichtung bewältigen können.
WICHTIGE FRAGEN:
- Wie ist das Linearmodul bzw. der Aktuator ausgerichtet?
- Ist es horizontal, vertikal oder auf dem Kopf?
- Wo ist die Last im Verhältnis zum Linearmodul ausgerichtet?
- Verursacht die Last ein Roll- oder Nickmoment auf dem Linearmodul?
GESCHWINDIGKEIT
Geschwindigkeit und Beschleunigung beeinflussen ebenfalls die Auswahl eines Linearbewegungssystems. Eine aufgebrachte Last erzeugt beim Beschleunigen und Abbremsen ganz andere Kräfte auf das System als bei einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit. Auch die Art des Bewegungsprofils – trapezförmig oder dreieckig – muss berücksichtigt werden, da die zum Erreichen der gewünschten Geschwindigkeit oder Zykluszeit erforderliche Beschleunigung von der Art der erforderlichen Bewegung abhängt. Ein trapezförmiges Bewegungsprofil bedeutet, dass die Last schnell beschleunigt, sich eine Zeit lang mit relativ konstanter Geschwindigkeit bewegt und dann langsamer wird. Ein dreieckiges Bewegungsprofil hingegen bedeutet, dass die Last schnell beschleunigt und abgebremst wird, wie bei Punkt-zu-Punkt-Aufnahme- und Absetzanwendungen. Geschwindigkeit und Beschleunigung sind ebenfalls entscheidende Faktoren bei der Wahl des geeigneten Linearantriebs, typischerweise einer Kugelumlaufspindel, eines Riemens oder eines Linearmotors.
WICHTIGE FRAGEN:
- Welche Geschwindigkeit bzw. Taktzeit muss erreicht werden?
- Handelt es sich um eine konstante oder variable Geschwindigkeit?
- Welchen Einfluss hat die Last auf Beschleunigung und Verzögerung?
- Ist das Bewegungsprofil trapezförmig oder dreieckig?
- Welcher Linearantrieb erfüllt die Geschwindigkeits- und Beschleunigungsanforderungen am besten?
REISEN
Der Hub bezeichnet die Distanz oder den Bewegungsbereich. Nicht nur der Hubweg, sondern auch der Nachlaufweg muss berücksichtigt werden. Ein gewisser Sicherheitshub bzw. zusätzlicher Freiraum am Hubende gewährleistet die Sicherheit des Systems im Falle eines Notstopps.
WICHTIGE FRAGEN:
- Wie groß ist die Distanz (Bewegungsbereich)?
- Wie viel Nachlaufweg kann bei einer Notbremsung erforderlich sein?
PRÄZISION
Präzision ist ein weit gefasster Begriff, der häufig zur Definition der Verfahrgenauigkeit (Verhalten des Systems bei der Bewegung von Punkt A nach Punkt B) oder der Positioniergenauigkeit (Annäherung des Systems an die Zielposition) verwendet wird. Er kann sich auch auf die Wiederholgenauigkeit beziehen. Das Verständnis des Unterschieds zwischen diesen drei Begriffen – Verfahrgenauigkeit, Positioniergenauigkeit und Wiederholgenauigkeit – ist oft entscheidend, um sicherzustellen, dass das System die Leistungsspezifikationen erfüllt und nicht für eine möglicherweise unnötig hohe Genauigkeit überkompensiert.
Der Hauptgrund für die sorgfältige Prüfung der Präzisionsanforderungen ist die Wahl des Antriebsmechanismus: Riemenantrieb, Kugelumlaufspindel oder Linearmotor. Jeder Typ bietet Kompromisse zwischen Präzision, Geschwindigkeit und Tragfähigkeit, und die beste Wahl hängt hauptsächlich von der Anwendung ab.
WICHTIGE FRAGEN:
- Welche Bedeutung haben Verfahrgenauigkeit, Positioniergenauigkeit und Wiederholgenauigkeit in der Anwendung?
- Ist Präzision wichtiger als Geschwindigkeit oder andere LOSTPED-Faktoren?
UMFELD
Unter Umgebungsbedingungen versteht man die Umgebungsbedingungen, unter denen das System voraussichtlich betrieben wird. Beispielsweise können extreme Temperaturen die Leistung von Kunststoffkomponenten und die Schmierung im System beeinträchtigen, während Schmutz, Flüssigkeiten und andere Verunreinigungen die Lagerlaufbahnen und tragenden Elemente beschädigen können.
Dies ist ein oft übersehener Leistungsfaktor, der jedoch die Lebensdauer eines Linearantriebssystems erheblich beeinflussen kann. Optionen wie Dichtungsstreifen und Spezialbeschichtungen können Schäden durch diese Umwelteinflüsse verhindern. Darüber hinaus können Optionen wie Spezialschmierung und Überdruck das Modul oder den Antrieb für den Einsatz in Reinräumen geeignet machen.
WICHTIGE FRAGEN:
- Welche Arten von Gefahren oder Verunreinigungen sind vorhanden – extreme Temperaturen, Schmutz, Staub, Flüssigkeiten usw.?
- Umgekehrt stellt sich die Frage, ob das Linearbewegungssystem selbst eine potenzielle Quelle für Schadstoffe in der Umgebung darstellt (elektrostatische Entladung, Schmiermittel oder Partikel)?
ARBEITSZYKLUS
Die Einschaltdauer beschreibt die Zeit, die für einen Betriebszyklus benötigt wird. Bei allen Linearantrieben bestimmen die internen Komponenten im Allgemeinen die Lebensdauer des Systems. Die Lagerlebensdauer in einem Modul wird beispielsweise direkt von der aufgebrachten Last und der Einschaltdauer des Lagers beeinflusst. Ein Linearsystem kann die sechs genannten Faktoren zwar erfüllen, ist aber bei Dauerbetrieb deutlich schneller defekt als bei nur acht Stunden Betrieb an fünf Tagen in der Woche. Das Verhältnis von Betriebszeit zu Ruhezeit beeinflusst die Wärmeentwicklung im Linearsystem und wirkt sich direkt auf die Systemlebensdauer und die Betriebskosten aus. Die frühzeitige Klärung dieser Fragen spart später Zeit und Ärger, da Verschleißteile wie Riemen leicht vorrätig gehalten werden können.
WICHTIGE FRAGEN:
- Wie oft wird das System verwendet, einschließlich der Verweilzeit zwischen den Schlägen oder Bewegungen?
- Wie lange muss das System halten?
EINIGE LETZTE RATSCHLÄGE
Zusätzlich zu LOSTPED sollten Konstrukteure einen renommierten Händler oder die Anwendungstechnik des Herstellers konsultieren. Diese verfügen in der Regel über Erfahrung mit Hunderten von Anwendungen, von denen viele der vorliegenden ähneln. Daher können sie durch die frühzeitige Erkennung potenzieller Probleme möglicherweise viel Zeit sparen und kostensparende Vorschläge unterbreiten. Schließlich geht es darum, das bestmögliche Linearbewegungssystem zu den niedrigsten Betriebskosten zu erhalten. Erfahrene Anwendungstechniker, die mit LOSTPED vertraut sind, können sicherstellen, dass ihre Kunden genau das erhalten.
Veröffentlichungszeit: 31. Mai 2021