Lineare Bewegungssysteme sind einer Reihe extremer industrieller Umgebungen ausgesetzt. Sorgfältige Spezifikation und Auswahl der Komponenten des Bewegungssystems sowie eine durchdachte technische Überprüfung können die Risiken unter rauen industriellen Bedingungen minimieren.
Ein entscheidender Schritt bei der Konstruktion jedes mechanischen Linearbewegungssystems ist das Verständnis der Umgebungsbedingungen, unter denen das System betrieben wird. Wichtige Konstruktionsüberlegungen umfassen: Temperaturen, Staub- und Schmutzbelastung, Chemikalienexposition, Reinigungsprozesse, Vibrationen und Stoßbelastungen, Strahlung sowie alle anderen relevanten Umwelteinflüsse, denen das Bewegungssystem ausgesetzt sein kann. Dokumentieren Sie diese Schlüsselfaktoren unbedingt vor der Materialauswahl. Erfassen Sie reale Daten und analysieren Sie Fehlercodes früherer Produkte, um sicherzustellen, dass Sie mit Fakten und nicht mit Vermutungen arbeiten.
Nutzen Sie das Anwendungs-Know-how Ihrer Lieferkette, um geeignete Linearbewegungskomponenten auszuwählen. Wählen Sie dazu auf Basis der gesammelten Daten passende Materialien, Beschichtungen und Schmierstoffe. Entwickeln Sie anschließend einen umfassenden Testvalidierungsplan, der sowohl Dauerlauf- als auch Umwelttests umfasst. So stellen Sie sicher, dass die gewählten Materialien die erwartete Lebensdauer und Betriebssicherheit gewährleisten. Ziehen Sie außerdem beschleunigte Lebensdauertests (HALT) in Betracht. Diese Tests simulieren zunehmend stärkere Umweltbelastungen, die deutlich über die im Betrieb auftretenden Belastungen hinausgehen. HALT wird üblicherweise in der Entwicklungsphase durchgeführt, um Konstruktionsfehler und minderwertige Komponenten zu identifizieren.
Komponentenauswahl unter Berücksichtigung von Umweltaspekten
Eine neue Generation webbasierter Dimensionierungs- und Auswahlwerkzeuge vereinfacht die Auswahl geeigneter Werkstoffe für Komponenten unter Berücksichtigung von Umgebungsbedingungen bei der Konstruktion linearer Bewegungssysteme. Sie geben wichtige Anwendungsparameter ein, die das Werkzeug in Berechnungen einbezieht, wie z. B. die Belastung/Lebensdauer von Linearlagern und Kugelgewindetrieben sowie die kritische Drehzahl von Kugelgewindetrieben. Zusätzlich geben Sie Umgebungsbedingungen ein, die für die Wahl des richtigen Materials, der Abdeckung und des Schmierverfahrens entscheidend sind. Beispielsweise können Sie Folgendes auswählen:
• Wasser-/Chemikalienspray/Nebel
• Aufprall-/Druckanwendung/Vibration
• Mittlere bis hohe Staubpartikelbelastung
• Hochdruck-/Hochtemperaturreinigung
• Wasser-/Chemikalienspritzer
• Sauberes Zimmer
Die Anwendung wird Linearführungseigenschaften empfehlen – wie z. B. Verchromung, Edelstahlkomponenten oder Gleitlager aus Polymer –, um den Umgebungsbedingungen gerecht zu werden.
Komponentenmerkmale
Die Kugelführung bzw. Lagerschiene, Welle oder Aluminiumoberfläche dient als Lageraufnahme und ist üblicherweise in Standardstahl, Edelstahl, Armoloy-beschichtet oder verchromt erhältlich. Die Linearführungen gewährleisten die Tragfähigkeit und Momentenaufnahme des Systems. Beispiele hierfür sind Kugelbuchsenlager für Rundschienen, Profilschienen, Radführungen oder Polymerführungen. Die meisten sind als Standard-, korrosionsbeständige („CR“) Linearführungen oder Polymergleitlager verfügbar. Die Befestigungselemente für die Lineareinheit (Schrauben, Bolzen und Muttern) sind in der Regel in Standard- oder Edelstahlausführung erhältlich. Die Dichtung bzw. Schutzabdeckung der Lineareinheit bietet verschiedene Optionen: von keiner Abdeckung über Faltenbalg und Schutzhaube bis hin zu einer geschlossenen Ausführung (ideale Abdichtung). Für die Schmierung der Lineareinheit stehen Standardfette oder Reinraumfette zur Verfügung.
1 • Lösungen für die Umwelt: Sauber—Diese Umgebung ist typisch für eine Maschinenwerkstatt. Es ist mit dem Vorhandensein von Partikeln in der Luft und einer gewissen Luftfeuchtigkeit zu rechnen; das Personal arbeitet in dieser Umgebung jedoch üblicherweise ohne jegliche Schutzausrüstung (Masken, Atemschutzgeräte, Staub- oder Chemikalienschutzhauben).
Lösung:
• Kugelführung: Standard
• Linearführung: Standard
• Hardware: Standard
• Hülle: Keine Hülle
• Schmierung: Standardfett
Grund für diese Lösungsmenge:Standardmäßige Aluminium- und Stahlteile sind in diesen Umgebungen akzeptabel, da nur geringe Bedenken hinsichtlich Partikeln oder Korrosion bestehen.
2 • Mittlere bis hohe StaubpartikelbelastungDiese Umgebung ist durch eine so hohe Feinstaubbelastung gekennzeichnet, dass der Bediener einen Atemschutz tragen muss. Papierfabriken und Betriebe mit großen industriellen Poliermaschinen sind Beispiele für Umgebungen mit hoher Staubpartikelbelastung.
Lösung:
• Kugelführung: Standard
• Linearführung: Standard
• Hardware: Standard
• Abdeckung: Geschlossen (ideal), Abdeckung oder Balg sind ebenfalls akzeptabel
• Schmierung: Standard
Grund für diese Lösungsmenge:Standardmäßige Stahlkomponenten sind zulässig, da keine Korrosionsgefahr besteht. Vielmehr geht es darum, das Eindringen von Partikeln in das Lager, die Kugelführungsbahnen und den Antriebsmechanismus (z. B. Schraube oder Riemen) zu verhindern. Bei größeren Partikeln kann eine Faltenbalgabdeckung oder eine Aluminiumabdeckung ausreichend sein. Für feinere Partikel sollte das Linearführungssystem über ein robustes Dichtungssystem verfügen, das die oben genannten internen Teile schützt. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens eine Magnetstreifendichtung mit Edelstahl-Magnetbändern, die sich von einem Ende des Kanals im Tragsystem zum anderen erstrecken. Die Bänder sind an den Endkappen befestigt und federbelastet, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Sie verlaufen durch eine Aussparung im Schlitten, sodass der Streifen kurz vor und hinter dem Schlitten beim Durchfahren des Systems von den Magneten abgehoben wird. Zweitens verwenden Kunststoff-Abdeckbänder nachgiebige Gummistreifen, die sich wie ein Gefrierbeutel mit Zip-Verschluss in das Basisprofil einrasten. Durch das Zusammenpassen von Nut- und Federprofilen entsteht eine Labyrinthdichtung, die das Eindringen von Partikeln verhindert.
3 • Wasser-/Chemikalienspritzerh – Diese Umgebung beschreibt einen Zustand, in dem das Produkt zeitweise mit Flüssigkeiten bespritzt werden kann. Ein Beispiel hierfür ist eine großflächige Druckanwendung, bei der Tintenbehälter regelmäßig gewechselt werden, was zu gelegentlichem/versehentlichem Verschütten führen kann. Der Kontakt von Flüssigkeit mit Linearführungen kann in dieser Umgebung durch unsachgemäße Produkthandhabung oder falsch positionierte Komponenten verursacht werden, ist aber typischerweise nicht Teil des normalen Anwendungsprozesses.
Lösung:
• Kugelführung: Verchromt
• Linearführung: Korrosionsbeständig
• Beschläge: Edelstahl
• Abdeckung: Geschlossen (ideal) oder Balgabdeckung ist gegebenenfalls akzeptabel
• Schmierung: Standard
Grund für diese Lösungsmenge:Für diese Anwendungen müssen Kugel- und Linearführungen korrosionsbeständig sein. Bei Rundschienenlagern bedeutet dies entweder verchromte oder aus Edelstahl 440C gefertigte Wellen. Linearführungen sollten verchromte Lagerplatten und Edelstahlkugeln aufweisen. Weichere Edelstahlkugellager und -wellen führen typischerweise zu einer Lastreduzierung von 30 %, die bei der Konstruktion berücksichtigt werden muss. Für Profilschienenlager wird eine dünne, dichte Verchromung, z. B. mit Duralloy, empfohlen. Gleitlager, oft auch Prismenführungen genannt, stellen eine Alternative zu Wälzlagern dar. Die Prismenführungen bestehen aus einem technischen Polymer mit hoher Beständigkeit gegen chemische Korrosion. Je nach Stärke der Chemikalienspritzer können Faltenbälge zur Abdichtung ausreichen, ideal ist jedoch eine vollständig abgedichtete Einheit.
4 • Wasser-Chemikalien-SprühnebelDiese Bedingung ist hinsichtlich der Schwere der zuvor beschriebenen Umgebung noch gravierender. Hierbei ist ein Sprühnebel Teil des Prozesses, und die Linearführungen wären diesem direkt ausgesetzt. Dies kann auch als Kondensationsumgebung, ähnlich wie in Kälteanlagen, charakterisiert werden. Auch Kühlmittel, das während der Bearbeitung auf Maschinenteile gesprüht wird, fällt in diese Kategorie. In diesem Szenario kommen Lager und Führungen ohne mechanischen Schutz mit dem Fluid in Kontakt.
Lösung:
• Kugelführung: Verchromt
• Linearführung: Korrosionsbeständig
• Beschläge: Edelstahl
• Umschlag: Beiliegend
• Schmierung: Standard
Grund für diese Lösungsmenge:Für diese Anwendungen ist eine vollständig abgedichtete Einheit unerlässlich. Aufgrund der aggressiven Chemikaliensprühung wird dringend empfohlen, Wälzlager zu vermeiden und stattdessen, wie bereits erwähnt, prismengeführte Lager einzusetzen. Aus demselben Grund sollte in diesen Umgebungen nach Möglichkeit auch ein Kugelgewindetrieb vermieden werden. Ein Polyurethan-Riemenantrieb ist stattdessen besser für die korrosive chemische Umgebung geeignet.
5 • Hochdrucktemperatur/AbspülenDiese Umgebung beschreibt typischerweise Anwendungen in der Lebensmittelverarbeitung. Hier werden Anlagen unter Druck und häufig gereinigt. Die Schlitten kommen nicht nur mit Flüssigkeit in Kontakt, sondern sind auch erheblichen Kräften des Reinigungsprozesses ausgesetzt.
Lösung:
• Kugelführung: Verchromt
• Linearführung: Korrosionsbeständig
• Beschläge: Edelstahl
• Hülle: Keine Hülle
• Schmierung: Standardfett oder gegebenenfalls lebensmittelgeeignetes oder hochtemperaturbeständiges Fett
Grund für diese Lösungsmenge:Die Reinigungsumgebung führt zur Korrosion von Standardstahlteilen. Daher sollten verchromte und korrosionsbeständige Lager und Kugelführungen sowie Edelstahlkomponenten verwendet werden. Prismenführungen sind zwar auch möglich, sollten aber aufgrund ihres Polymermaterials, das weniger temperaturbeständig ist als metallbasierte Wälzkörper, bei Hochtemperaturanwendungen vermieden werden. Die Lineareinheit sollte offen (nicht abgedichtet) sein und über Entlüftungsanschlüsse oder Ablauflöcher zum Abführen der Reinigungsflüssigkeit verfügen. Für Hochtemperaturanwendungen kann spezielles Hochtemperaturfett verwendet werden. In solchen Fällen müssen alle Dichtungen und andere Kunststoffteile aus dem System entfernt werden.
6 • Reinraum— Hierbei beziehen wir uns im Allgemeinen auf eine Reinraumumgebung der ISO-Klasse 3 (manchmal auch als Klasse 1000 bezeichnet), obwohl einige Produktfamilien linearer Einheiten für eine Reinraumumgebung der Klasse 100 konfiguriert werden können.
Lösung:
• Kugelführung: Verchromt
• Linearführung: Korrosionsbeständig plus Wegfall von Dichtungen/Abstreifer
• Beschläge: Edelstahl
• Hülle: Keine Hülle
• Schmierung: Reinraumfett
Grund für diese Lösungsmenge:In Reinraumumgebungen darf die Bewegung des Linearschlittens nur minimale Partikel erzeugen. Metallbeschichtungen sind erforderlich, um Rostbildung zu verhindern. Zudem müssen alle Gleitelemente des Linearsystems entfernt werden. Das bedeutet, dass keine Dichtungen/Abstreifer in den Lagerführungen und keine Abdeckung an der Lineareinheit vorhanden sein dürfen. Es ist spezielles Reinraumfett zu verwenden.
7 • Impact/Press App./VibrationDiese Anwendung ist häufig durch mehrere verschiedene Prozesse gekennzeichnet. Rüttelmaschinen und Rütteltische, die typischerweise in Sortieranlagen eingesetzt werden, fallen in diese Kategorie. Auch Pressenanwendungen, die aufgrund der anfänglichen Aufpralldynamik höhere als normale Belastungen auf Schlitten oder Sättel ausüben, werden dieser Anwendungsklasse zugeordnet.
Lösung:
• Kugelführung: Standard
• Linearlager: Gleitlager aus Polymer
• Hardware: Standard
• Schutzhülle: Optional
• Schmierung: Standard
Grund für diese Lösungsmenge:Die Verwendung von Polymerbuchsen, auch Prismenführungen genannt, ist, wie bereits erwähnt, bei Anwendungen mit hohen Stoßbelastungen besser geeignet als Wälzkörper. Unter solchen Bedingungen können Wälzkörper brechen oder sich aufgrund des punktuellen Kontakts mit der Lagerfläche in den Laufbahnen verklemmen. Prismenführungen hingegen ermöglichen eine gleichmäßige Lastverteilung entlang der ebenen Fläche, was ideal für Vibrationen ist. Je nach Partikelanzahl kann die Verwendung von Prismenführungen gegebenenfalls mit einer Abdeckung kombiniert werden.
Veröffentlichungsdatum: 05.12.2022





